Schaustellerfamilie Biebel - Rüsselsheim

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    • Schaustellerfamilie Biebel - Rüsselsheim

      Rhein Main Presse - Mainspitz-Dreieck vom 29.01.2015

      Rüsselsheim 29.01.2015
      Im Januar stehen die Karussells von Familie Biebel still
      Udo Biebel (r.) nutzt mit Sohn Christopher (l.), Enkelin Destiny und Schwiegersohn Kai (2.v.r.) die ruhigen Januartage, um ein Stück des heimischen Innenhofes neu zu pflastern. <br /> Foto: Vollformat/Detlef Volk

      Udo Biebel (r.) nutzt mit Sohn Christopher (l.), Enkelin Destiny und Schwiegersohn Kai (2.v.r.) die ruhigen Januartage, um ein Stück des heimischen Innenhofes neu zu pflastern.
      Foto: Vollformat/Detlef Volk
      Von Eva Bender

      RÜSSELSHEIM - „Muskelkater – den habe ich schon sehr lange nicht mehr“, lacht Udo Biebel. Der 50-jährige Rüsselsheimer ist seit mehr als 30 Jahren als Schausteller in der Region unterwegs und dadurch die tägliche körperliche Anstrengung gewohnt. Der Januar ist der einzige Monat im Jahr, an dem er seine Stände und Fahrgeschäfte auf keinem Jahrmarkt oder Fest aufbaut. Die gewonnene „Freizeit“ nutzt er, um den Hof des heimischen Grundstückes zu pflastern. „Er kann einfach nicht still sitzen“, sagt seine Frau Verena und schüttelt den Kopf. „Ich hingegen bin froh, mal meine Ruhe zu haben.“

      Mehr als ein Dutzend Fahrgeschäfte, Los- und Imbissbuden besitzt das Ehepaar Biebel. Hinzu kommen die Stände der Kinder und von Udo Biebels Mutter. Seitdem am 23. Dezember mit dem letzten Weihnachtsmarkt auch das Arbeitsjahr für die Biebels zu Ende ging, stehen die rund 30 Fahrzeuge, Hänger und Buden gut eingepackt auf einem dreieinhalbtausend Quadratmeter großen Gelände und warten auf die kommende Saison.

      SERIE
      Es gibt Berufe, die verbindet man traditionell mit dem Sommer: Landwirte, Gärtner oder Fahrradverkäufer haben in der warmen Jahreszeit Hochsaison. Doch was machen diese Menschen eigentlich im Winter, bei eisigem Wind und Schnee? In dieser Serie geben einige Rüsselsheimer Antworten darauf. Und soviel wird schnell klar: Die Füße hochlegen – das können sie auch im Winter nicht.

      Ausruhen können sich die Biebels dennoch nicht. Verena Biebel muss nämlich jetzt schon die Bewerbungen für die Märkte im kommenden Sommer schreiben. „Das geht Mitte Dezember bereits los“, erklärt die 48-Jährige. „Und spätestens im Mai ist dann alles gelaufen.“

      Doch auch der Biebelsche Fuhrpark verlangt im Winter ihre Aufmerksamkeit: Die Fahrzeuge müssen repariert, gewartet oder zum TÜV gebracht werden. Die Geschäfte werden renoviert, neu bemalt oder mit LED-Lichtern aufgerüstet. „Das sind typische Winterarbeiten“, sagt Udo Biebel. „Da holt man alles nach, was über das Jahr angefallen ist, damit es im Frühjahr wieder funktioniert.“

      Für die Biebels beginnt die Saison am 1. Februar mit dem Gardetag. „Da bauen wir unser Karussell, den Süßwaren- sowie den Imbiss- und Crêpe-Stand auf“, so Udo Biebel. Den Plan, welche Wagen und Hänger er dafür braucht, habe er im Kopf. „Und was als Nächstes gebraucht wird, wird ganz vorne geparkt.“

      Erst ab April sind die Biebels wieder ständig unterwegs. Ob Kerb oder Straßenfest, überall in der Region mischen sie mit. „Von August bis Oktober ist der Stresspegel am höchsten“, sagt Biebel. „Denn da ist die Haupt-Kerbezeit.“ Im Sommer arbeitet die Familie bis zu 15 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Dabei helfen im Sommer bis zu fünf Saisonkräfte.

      Trotz der langen Arbeitszeiten habe er sich nie eine andere Arbeit vorstellen können, sagt Udo Biebel. „Ich mag das Gefühl von Freiheit“, sagt er nach kurzem Überlegen. „Und Spaß macht die Arbeit dann, wenn wir gut Geld verdienen.“

      Gute Einnahmen – die hängen bei den Biebels vor allem vom Wetter ab. Eine verregnete Kerb kann ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Doch auch bei eisigem Winterwetter und bei 38 Grad Sommerhitze stehen sie auf dem Platz. „Auch der Aufbau ist da wirklich kein Vergnügen.“

      Verändert habe sich in den vergangenen Jahrzehnten vor allem die Arbeitsweise der Schausteller. „Früher waren Schausteller in erster Linie gute Handwerker“, so Biebel. „Heute sind wir kleine Manager: Wir müssen verkaufen können.“ Die Einnahmen halten dabei nur schwer Schritt mit den steigenden Ausgaben für Platzgebühren, Löhne, Versicherungen und Sprit. Und dabei müssen die Schausteller auch die winterliche Durstrecke mit einplanen. „Deshalb fangen wir früh im Jahr an, Rücklagen zu bilden“, erklärt Verena Biebel. Und ihr Mann ergänzt: „Darüber denke ich aber nicht zu viel nach, sonst könnte ich nachts nicht mehr schlafen.“

      Stattdessen nutzen die Biebels den Januar für gemeinsame Erlebnisse mit der Familie, für Ausflüge in den Zoo und für Udo Biebels Hobby: Fußballspielen. Und in diesem Januar steht auch noch ein besonderes Highlight an: die Geburt des nächsten Enkels.


      Quelle: Schaustellerfamilie Biebel