Mit Leib und Seele

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    • Mit Leib und Seele

      Mit Leib und Seele Schausteller-Tradition: Edmund Radlinger

      München – Etwa 200 Schaustellerbetriebe sind auf der Wiesn vertreten. Viele stehen für lange Familientraditionen – so wie der von Edmund Radlinger.

      Ein klein wenig kürzer will der Vollblut-Schausteller aus München-Neuhausen treten. Früher hat er im Jahr meist an 14 oder 15 Volksfesten in ganz Deutschland mitgewirkt, heute beteiligt er sich „nur noch“ an acht. Aber der 58-Jährige, der seit 27 Jahren Vorsitzender des Münchner Schausteller-Vereins ist, kann nicht verheimlichen, dass er nach wie vor mit Leib und Seele dabei ist – ein persönliches Stück Wiesn-Erfolg. Mal eilt er Kollegen zu Hilfe, die interviewt werden, sich aber mit den Medien nicht so recht auskennen, mal vermittelt er in Gesprächen mit den Behörden.

      „Es gibt Situationen“, erzählt er, „da bekommen Standbeschicker nach vielen Jahren eine Absage – oder ein 74-jähriger Schausteller soll plötzlich ökologische Maschinen für 120000 Euro kaufen.“ Auch die Münchner Umweltzone liefert immer wieder Diskussionsstoff. Bis hin zu Investitions- und Finanzierungsfragen wird Radlinger um Rat gefragt. Die schwierige wirtschaftliche Entwicklung sieht er gelassen. Das Oktoberfest sei halt einzigartig auf der ganzen Welt: „Da spürt man die Wirtschaftskrise nicht so stark.“

      Seit 1912 ist Radlingers Familie auf dem Oktoberfest mit einigen bekannten Geschäften vertreten wie dem „Torgler“, der „Pyramide“ oder dem „Polyp“. Seit einigen Jahren betreibt Radlinger abseits vom Trubel, auf dem Familien-Platzl in der Wiesn-Straße 3 Ost, einen vergleichsweise ruhi­gen Weißbiergarten. Da gibt’s an Werktagen Sonderangebote: Essen und Trinken für 5,50 Euro – ein Geheimtipp. Die Zahl der Mitarbeiter schnellt im September auf 15 bis 25 Personen, gut drei bis vier Mal soviel wie normal.

      Radlinger repräsentiert die dritte Familiengeneration. „Die vierte steht vor der Tür“, sagt er. Dennoch macht er sich schon mal Gedanken, ob er den jungen Leuten wirklich zur Fortführung des Schaustellergeschäfts raten soll: „Es gibt tausend andere Berufe, in denen man leichter Geld verdienen kann.“ Denn der Aufwand für so ein kleines Familienunternehmen ist groß, man muss ständig am Ball bleiben und investieren. Radlinger vermietet alles Mögliche – Bierzelt-Garnituren, Ausschankwagen, Kühlanhänger, Imbiss-Container bis hin zu Marktständen, Karussells und Rodeo-Bullen. So kommen rund 650000 Euro Jahresumsatz zusammen. Aber gelegen2lich, lässt Radlinger durchblicken, muss auch „etwas von den Rücklagen zugesetzt“ werden.

      Lorenz Goslich


      Quelle:  bayernkurier.de - Jahrgang 61, Nr. 16, 24. April 2010